Aufbau der Alsterdorfer Anstalten

Die Ganzheitlichkeit des Menschen war für Sengelmann ein wichtiger Aspekt in der Arbeit mit und für Menschen mit Behinderung, also das Ansprechen aller Sinne durch Bildung, Arbeit und Therapie. „Pflege, Unterricht und Therapie sollten möglichst aus einer Hand kommen, “ hält Sengelmann fest. So gründete er schon sehr früh eine Schule im Rahmen der Anstalten. Verschiedene Gewerke entstanden, wie zum Beispiel eine Gartenbauschule, die Schusterei, eine Korbflechterei und natürlich die Arbeit in der Landwirtschaft für die Versorgung der Menschen in Alsterdorf mit Nahrungsmitteln. Hinzu kam die medizinische Versorgung. „Die zwischen Krankenhaus und Schule stehende Einrichtung hat mit den kombinierten Mitteln der Medizin und Pädagogik zu wirken.

Sengelmann in der Kirche
Pastor Sengelmann in der Kapelle

Dabei sollte freilich der Primat auf der Pädagogik liegen,“ beschreibt er seine Vorstellung des Zusammenwirkens der unterschiedlichen Professionen. Beim Umsetzen dieser Ideen und Ziele unterstützten ihn in der täglichen Arbeit seine Frau Jenny Sengelmann, eine Schwestern- und eine Jünglingsschaft, für die Sengelmann eine Weiterbildungseinrichtung schuf sowie Pädagogen und später auch Mediziner.

Geistliches Leben in der Gemeinschaft

Ein zentraler Gedanke für Sengelmann bei dem Aufbau der Alsterdorfer Anstalten war das Verständnis einer christlichen Arbeits- und Lebensgemeinschaft: Morgengebet, Andachten, Gottesdienste und das Feiern der christlichen Feste gehörten als fester Bestandteil zum Leben in den Anstalten dazu.

Haus Schönbrunn mit Zöglinge
Haus Schönbrunn mit „Zöglingen“

Vom Haus Schönbrunn zum ansehnlichen Gemeinwesen

Was anfänglich von Sengelmann nur als „Filiale“ des St. Nicolai-Stifts gedacht war, entwickelte sich zu einer großen Organisation: Immer mehr Wohnhäuser entstanden auf dem Gelände im Alstertal. Hinzu kam die große Land- und Gartenwirtschaft, die Feuerwehr und die Schule, die Krankenstation, die Sakralbauten und nicht zuletzt die eigene Energie- und Wasserversorgung. Sehr wichtig war ihm dabei, möglichst autark zu wirtschaften. Heinrich Matthias Sengelmann hatte sich bewusst dafür entschieden, die Alsterdorfer Anstalten als ein ansprechendes Gemeinwesen anzulegen.

Stiftungsgelände um 1900
Stiftungsgelände um 1900

Forschung und fachlicher Austausch

Im Zuge seiner Tätigkeit als Direktor der Alsterdorfer Anstalten unternahm er eine Reihe von Forschungsreisen, bei denen er den aktuellen Stand der Forschung zum Thema geistige Behinderung sowie zur Entwicklung der Fürsorge von Menschen mit einer geistigen Behinderung sammelte und in seinem Buch von 1885 zusammentrug. Die von ihm gegründete Konferenz der Heilerziehungs- und Pflegeanstalten nutzte er als Austauschforum für Direktoren, Ärzte und Pädagogen der in ganz Deutschland bestehenden Anstalten für Menschen mit einer geistigen Behinderung.